18.12.2021–22.01.2022
Maike Hemmers & Luca George
D/E
BACKDROPS with Maike Hemmers & Luca George
Es war nie die Idee, dass man sie von so Nahem betrachtet. Jetzt aber sieht man das Rohe, zweckmässig Gepinselte, Geflickte und übermalte als Struktur, welche sie ausmacht, fast mehr, als die Berglandschaften, die sie darstellen. Diese Kulissen haben eine lange Geschichte. Sie wurden in den 70er-Jahren von einem Bündner Dorftheater an ein anderes weitergegeben. Davor verliert sich ihre Spur in der Zeit. Es gibt wohl niemanden mehr, der alle ihre Rollen, die sie in den unterschiedlichsten Stücken gespielt haben, rekonstruieren könnte. Und doch ist es offensichtlich, dass wir, ohne auch nur eines davon gesehen zu haben, uns ein Bild davon machen können, was sie ungefähr erlebt haben könnten.
Denn Dorftheater bedeutet Theater, das von Menschen aus dem Dorf für das Dorf aufgeführt wird, meist mit Geschichten, die sich auf Alltagssituationen im Dorf beziehen. So wurden die Kulissen zwar immer wieder neu aufgestellt und kombiniert und lieferten den Hintergrund für immer neue Stücke und doch wohl nie für etwas, was ihrer Natur völlig fremd gewesen wäre. Aber trotzdem zählen auch die feinen Unterschiede. Bei aller Klarheit der Sujets der auf ihnen abgebildeten Bergwelt und Dorfansichten, haben sie keineswegs immer genau das Selbe dargestellt.
Das Wort Kulisse fand seinen Weg in die deutsche Sprache über das französische coulisse und geht letztlich auf eine lateinische Wurzel zurück, die zum Bedeutungskomplex von „fliessen“ gehört. Den ganzen etymologischen Zusammenhang lassen wir unausgeführt, es interessiert hier bloss, dass eine Bedeutungsentwicklung von „fliessen“ zu „verschieben“ stattfand und somit die Kulisse eigentlich „das Verschiebbare“ ist. Verschoben werden sie natürlich erst mal im rein physischen Sinne, eben je nach Stück oder nach Szenen im selben Stück. Verschoben werden sie aber auch durch die Handlung, die vor ihnen aufgeführt wird: sie werden zu etwas, was sie ohne Schauspiel nicht gewesen wären.
Umgekehrt verschieben sie auch die Schauspieler*Innen und andere Objekte des Bühnenbildes an jenen fiktiven Ort, der in den Köpfen des Publikums als Ganzheit des Theatererlebnisses zustande kommt. Hier im Milieu sind sie noch einmal verschoben und verschieben die Kunst, mit der sie hier auftreten, in einem dynamischen Prozess, der keine abgeschlossene Geschichte erzählt, sondern sich erst durch die körperliche wie auch gedankliche Bewegung der Ausstellungsbesucher*Innen ereignet.
Mit freundlicher Unterstützung von/Kindly supported by:
Gruppa da teater Siat | Pro Helvetia | Kultur Stadt Bern | Swisslos Lotteriefonds Kanton Bern | Burgergemeinde Bern | Temperatio | GVB Kulturstiftung
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Es war nie die Idee, dass man sie von so Nahem betrachtet. Jetzt aber sieht man das Rohe, zweckmässig Gepinselte, Geflickte und übermalte als Struktur, welche sie ausmacht, fast mehr, als die Berglandschaften, die sie darstellen. Diese Kulissen haben eine lange Geschichte. Sie wurden in den 70er-Jahren von einem Bündner Dorftheater an ein anderes weitergegeben. Davor verliert sich ihre Spur in der Zeit. Es gibt wohl niemanden mehr, der alle ihre Rollen, die sie in den unterschiedlichsten Stücken gespielt haben, rekonstruieren könnte. Und doch ist es offensichtlich, dass wir, ohne auch nur eines davon gesehen zu haben, uns ein Bild davon machen können, was sie ungefähr erlebt haben könnten.
Denn Dorftheater bedeutet Theater, das von Menschen aus dem Dorf für das Dorf aufgeführt wird, meist mit Geschichten, die sich auf Alltagssituationen im Dorf beziehen. So wurden die Kulissen zwar immer wieder neu aufgestellt und kombiniert und lieferten den Hintergrund für immer neue Stücke und doch wohl nie für etwas, was ihrer Natur völlig fremd gewesen wäre. Aber trotzdem zählen auch die feinen Unterschiede. Bei aller Klarheit der Sujets der auf ihnen abgebildeten Bergwelt und Dorfansichten, haben sie keineswegs immer genau das Selbe dargestellt.
Das Wort Kulisse fand seinen Weg in die deutsche Sprache über das französische coulisse und geht letztlich auf eine lateinische Wurzel zurück, die zum Bedeutungskomplex von „fliessen“ gehört. Den ganzen etymologischen Zusammenhang lassen wir unausgeführt, es interessiert hier bloss, dass eine Bedeutungsentwicklung von „fliessen“ zu „verschieben“ stattfand und somit die Kulisse eigentlich „das Verschiebbare“ ist. Verschoben werden sie natürlich erst mal im rein physischen Sinne, eben je nach Stück oder nach Szenen im selben Stück. Verschoben werden sie aber auch durch die Handlung, die vor ihnen aufgeführt wird: sie werden zu etwas, was sie ohne Schauspiel nicht gewesen wären.
Umgekehrt verschieben sie auch die Schauspieler*Innen und andere Objekte des Bühnenbildes an jenen fiktiven Ort, der in den Köpfen des Publikums als Ganzheit des Theatererlebnisses zustande kommt. Hier im Milieu sind sie noch einmal verschoben und verschieben die Kunst, mit der sie hier auftreten, in einem dynamischen Prozess, der keine abgeschlossene Geschichte erzählt, sondern sich erst durch die körperliche wie auch gedankliche Bewegung der Ausstellungsbesucher*Innen ereignet.
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